Sie gehören zu den vielfältigen Erscheinungsbildern der Dissoziativen Störungen und eine sichere Diagnose ist schwierig und zeitaufwendig: Psychogene Anfälle. „Es sind die so vielfältigen und unterschiedlichen Symptome“, so Carsten Albrecht, Chefarzt der BetaGenese Klinik in Bonn, „die eine Diagnose so schwierig machen“. Tatsächlich weisen die Psychogenen oder Dissoziativen Anfälle eine große Ähnlichkeit mit epileptischen Anfällen auf und werden deshalb oft für hirnorganisch verursachte Anfällen gehalten. Auch diese können sehr unterschiedlich in Art und Ausmaß sein, sodass eine Differenzierung grundsätzlich große Sorgfalt erfordert. Epilepsie hat ihre Ursache in Störungen der elektrischen Aktivität und Entladung von Nervenzellen im Gehirn, während dissoziative Anfälle psychisch ausgelöst werden. Eine Besonderheit, die Diagnose und Therapie zusätzlich erschwert, kann das gleichzeitige Vorhandensein von sowohl epileptischem als auch psychogenem Anfallsgeschehen sein.
Frauen leiden öfter unter psychogenen Anfällen als Männer
Dissoziative Anfälle kommen glücklicherweise relativ selten vor, etwa zwei bis drei von 10.000 Menschen leiden unter dieser Erkrankung. Rund 70 Prozent von ihnen sind Frauen. Die Lebensqualität der Betroffenen ist je nach Ausprägung der Anfälle erheblich beeinträchtigt, zumal sie die Anfälle meist als beängstigend und beschämend wahrnehmen. „Viele Menschen, die unter dissoziativen Anfällen leiden, haben ein Trauma erlebt“, erklärt Carsten Albrecht. Das kann schon sehr lange zurück liegen, die Betroffenen erinnern sich vielleicht gar nicht mehr daran. Auch schwierige Lebenssituationen, stark und als ausweglos erlebte Konflikte in der Familie oder im Beruf können eine Ursache darstellen.“
Wie lassen sich nun die Dissoziativen Störungen, darunter die psychogenen Anfälle, behandeln?
Dissoziative Störungen treten meist in Zusammenhang mit psychosozialen Belastungen auf. Sehr häufig leiden die betroffenen Personen unter weiteren Begleiterkrankungen und psychopathologischen Auffälligkeiten, etwa Depressionen, akuten Belastungsstörungen, Angst- und Panikattacken, Phobien, Posttraumatischen Belastungsstörungen und Borderline-Persönlichkeitsstörungen.
Psychotherapeutische Behandlung bei psychogenen Anfällen
Zur Behandlung sind unterschiedliche Formen der Psychotherapie möglich. „Bei dissoziativen Störungen mit dem psychogenen Anfall als eher einfachem Abwehrmechanismus und einer gewissen Bewusstseinsnähe, ist die Arbeit an den Auslösern und einer verbesserten Affektwahrnehmung wichtig“, erläutert Carsten Albrecht weiter. „Die Patienten lernen in der BetaGenese Klinik in Bonn, psychodynamische Zusammenhänge, Frühwarnzeichen und Auslöser zu identifizieren. Durch multimodale Therapieangebote und verschiedene Techniken der Gefühls- und Spannungsregulation stabilisieren sie sich und reduzieren die Symptome.“
In komplizierteren Fällen mit komplexerem Störungsniveau, weiteren psychischen Begleiterkrankungen und zum Beispiel traumatischer Vorgeschichte wird ein differenziertes Behandlungskonzept mit verursachungsspezifischen Therapietechniken entwickelt, mit dem sowohl zugrundeliegende Traumata, als auch Angst, depressive Zustände und psychosomatische Symptomkomplexe behandelt und die dissoziativen Barrieren systematisch verringert werden. „In jedem Fall ist es von Vorteil, wenn die richtige Diagnose so früh wie möglich gestellt und eine stringente und komplexe psychosomatische Behandlung begonnen wird“, betont Carsten Albrecht. „Wenn die Symptomatik chronifiziert, sind die Behandlungs- und Sozialprognosen langwieriger und schwierig.“