Tanztherapie und der Körper als Instrument

In der BetaGenese Klinik in Bonn lernen Patienten mit psychosomatischen Beschwerden, Werkzeuge und Methoden kennen, sich auszudrücken und Gefühlen Raum zu geben. Ein wichtiges Werkzeug – oder auch Instrument – ist dabei der eigene Körper. Während in der Kunsttherapie gemalt oder gestaltet wird, arbeitet die Tanztherapie mit der heilenden Kraft von Musik und Bewegung. Tina Krupp zeigt als Tanz- und Ausdruckstherapeutin in ihrer Gruppen- und Einzeltherapie, wie man den Körper sprechen lassen kann, um in der Psyche etwas zu bewirken.

Tanztherapie ist eine künstlerische Körpertherapie, deren Grundlage die Tiefenpsychologie ist. „Wir gehen davon aus, dass prägende Ereignisse oder bestimmte konstante Außeneindrücke sich im Menschen nicht nur in Denk- und Handlungsweisen, sondern auch in Ausdrucks- und Bewegungsmustern manifestieren können“, erklärt Tina Krupp. In der Therapie treten die Patienten, inspiriert oder angestoßen durch Musik oder andere Medien und Gegenstände mit sich und ihrer Umwelt in Kontakt. „Tanz und Bewegung setzen verschiedenartige Gefühle freu, bestimmte Lieder rufen Erinnerungen hervor und einige Patienten können körperlich wieder für sich selbst und andere wahrnehmbar werden. Sie gewinnen an Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit. Ergänzend entdecken die Patienten den bisher gelebten Handlungsmustern neue Möglichkeiten und Spielräume.

In der Tanztherapie-Gruppenstunde arbeiten und agieren die Teilnehmer ebenso frei wie in der Einzeltherapie. Zu Anfang der Gruppen-Stunde kommen die Patienten im Raum an und wärmen sich ein bisschen mit einfachen Bewegungen auf. „Dann bilde ich gern einen Chace-Kreis, um in Bewegung und in der Gruppe gemeinsam anzukommen“, erklärt Tina Krupp. Die Teilnehmer stellen sich hierbei im Kreis auf und es entsteht über musikalische Impulse Bewegung. Die Therapeutin spiegelt – also wiederholt – im Kreis eine der Bewegungen. Die aufgenommene Bewegung soll nun von jedem Teilnehmer auf eine ihm angenehme Art wiedergegeben werden. „So wird aus einer Einzel- eine Gruppenbewegung und jeder Patient drückt sich einmal körperlich durch seine Interpretation der Bewegung aus.“ Daraus entstehen nach und nach kleine Choreographien, die sich irgendwann auch ohne die Unterstützung der Therapeutin aneinanderfügen.

Anschließend wird sich körperlich mit einem Thema auseinandergesetzt. „Entweder gebe ich ein Thema vor oder ich horche in die Runde und nehme die Ideen und Bedürfnisse der Patienten auf.“ Polaritäten wie Bindung und Autonomie oder Grenzen und Nähe sind Motive, die Tina Krupps Patienten oft im Selbstkontakt, paarweise oder in kleinen Gruppen herausarbeiten. Jede Bewegungseinheit ist von einer Gesprächseinheit gefolgt, die Bezüge zur Biographie und zum Alltag der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer herstellen.

 

„Einzeltherapiestunden gestalte ich ganz individuell. Manche Patienten möchten sich eher im Gespräch austauschen und unterstützend mit kleinen Gesten, Figuren und Symbolen arbeiten.“ Andere nutzen den Raum, eigene Musik und den direkten Kontakt mit Tina Krupp, um im gemeinsamen Tanz Gefühle und Erlebnisse auszudrücken und aufzuarbeiten. Krankheiten führen häufig dazu, die Verbindung und das Vertrauen in den eigenen Körper zu verlieren. „Tanz und Bewegung sind eine Möglichkeit, die Fäden wiederaufzunehmen.“  Wer noch nicht soweit ist, sich körperlich auszudrücken, darf über Symbole wie etwa eine Holzpuppe zeigen, wie es ihm geht. „Das hilft zurückhaltenden Charakteren zu zeigen, wie sie sich fühlen, ohne sich die Blöße der direkten Bewegung geben zu müssen.“

Es sind die kleinen Dinge, die wirken. Eine offenere Haltung, ein leichterer Gang und eine individuelle Ausdrucksmöglichkeit, die ohne Worte auskommt. In der Tanztherapie verbinden sich viele Elemente, die dabei helfen können, sich selbst und anderen Menschen wieder näher zu kommen.